Monatsarchiv: Dezember 2017

COLONIA NAVIDENA – oder wie beschäftigt man 20 herumwuselnde Kinder von Kindergartenkind zu „Ich bin zu cool für Spiele“ für drei Stunden täglich !!

Und natürlich FROHE WEIHNACHTEN an alle oder so 😀

Falls unter euch jemand dabei sein sollte, dessen Weihnachtsglückwünsche ich unbeantwortet gelassen habe, sei hiermit gegrüßt, es war vermutlich keine Absicht.

Es ist Advents/Weihnachtszeit !!!

Und sie ist absolut anders als in Deutschland.

Dank Regen und Wärme, fehlendem Glühwein und Kinderferienprogramm hat man hier gar nicht das Gefühl, jeden Tag ein Türchen mehr öffnen zu dürfen, sondern eher auf die lang ersehnten Sommerferien hinzuarbeiten.

Aber durch ein paar kleine Dinge versuchen wir uns dann doch, die Weihnachtsstimmung wenigstens etwas aufrecht zu erhalten 😀

Spanische Weihnachtsklänge tönen durch die Wohnung, ich schaue ab und zu ein paar nostalgische Folgen „Weihnachtsmann & CO KG“ und wir versuchen uns trotz fehlender Mandeln und Haselnüssen ( kann man zwar kaufen, sind aber übertrieben teuer ) an ein paar Weihnachtsplätzchen.

Leider verschwinden die immer so schnell, keine Ahnung wo die hinkommen…

Muss ein Kobold gewesen sein, vermutlich ist Pumuckl meinem Laptop entsprungen und hat sich bei uns häuslich eingerichtet, das würde auch das sonstige spurlose Verschwinden von Handys, Taschen und Kopfhörern erklären, genauso wie die stetige Dezimierung unseres Inventars!

Ich sollte wohl mal ein bisschen Leim verschütten…

Auch wenn einige Leute uns schon gefragt haben, ob uns denn jetzt Zuhause nicht langweilig sei, so ganz ohne Arbeit, kann man von viel dazugewonnener Freizeit nicht reden.

Wenn wir nicht gerade Inventur im Projekt machen, die Colonia Navidena vorbereiten oder zu den Brüdern zum Joghurt machen eingeladen sind, stehen Plätzchen backen, Lieder für den Chor üben, oder Weihnachtsfeiern an, denen wir natürlich gerne beiwohnen.

Auch war letztes Wochenende die Promotion ( Abiverabschiedung) von Wara, der Tochter unserer Vermieterin Beatrice, sowie die Firmung ihres Sohnes Diego.

Die letzten zwei Wochen führten wir auf jeden Fall jeden Tag von 15-18 Uhr unser Ferienprogramm durch.

Jedes Kind der Nachbarschaft das wollte/durfte, konnte kommen.

Einzige Vorgabe: eigene Stifte, Kleber und Schere Kosten: 0 BOLIVIANOS 😀

Die ersten Tage bastelten wir ziemlich viel Weihnachtskarten, Sterne etc.

Natürlich sollte auch das Spielen nicht zu kurz kommen, sodass wir neben den täglichen kleinen Spielen zu Auflockerung des Tages auch zwei Große Spieleolympiaden durchführten.

Mjam, lecker 😀

Die zweite Woche konzentrierte sich dann eher auf das Vorbereiten des Chores und des Krippenspiels für die Weihnachtsmesse.

Die kleineren Kinder stellen die Weihnachtsgeschichte nach, während die Großen die Lieder singen und mit Mikrophon die Sprechrollen übernehmen.

Dass unsere Kirche nicht gerade über die beste Akustik verfügt und sehr dazu neigt den Schall zurückzuwerfen, vereinfacht uns die Sache auch nicht gerade, genauso wie das eher unregelmäßige Erscheinen einiger Kinder, sowie ihre Unwissenheit, ob sie an der Weihnachtmesse überhaupt anwesend sein werden. Aber irgendwie haben wir es jetzt doch ganz gut hingekriegt 😀

Kurzer Auschnitt zum SAYATANZEN:

Afrobolivianische Alemanas !!!!

Nein, das ist weder ein Zungenbrecher noch ein schlechter Scherz.

Vor ein paar Wochen war bei uns in der Kirche das Fest der Maria de Guadalupe, der Namensgeberin unserer Kapelle.

Im Zuge dieses Festes gab es eine Entrada (d.h. einen Umzug vom Beginn der neuen Avenida bis zur Kapelle)

Dazu haben die Minkas, die Jugendgruppe der Gemeinde, Saya geprobt und jeder, der wollte, durfte mitmachen 😀 . Deswegen waren wir natürlich ganz vorne mit dabei, als 2. und 4. Reihe 😀 Die 2 Wochen davor waren von täglichem Tanztrainig geprägt, jeden Tag nach dem Projekt 1-2 Stunden mit den Kindern zu proben und ihnen die Schritte beizubringen, die wir gleichzeitig selber lernen durften.

Mit einigen Besuchen einer nahe gelegen Tanzschule perfektionierten wir unsere Schritte (so ungefähr)

Es lief aber irgendwie trotzdem alles absolut chaotisch!

Dazu beigetragen hatte unter anderem :

Die Unwissenheit, welche Kinder mittanzen und welche nicht

Das hin und her Hetzen zwischen Tanzschule und Kinder

Was gibt es zu Essen?

Welche Kinder haben schon gezahlt?

Woher bekommen wir die Musik?

Als dann am Vorabend um 23 Uhr beschlossen wurde, den Gottesdienst nach hinten und die Parade nach vorne zu legen war das komplett 😀

Warum braucht man für den Tanz eigentlich einen Hut, wenn man den eh nie aufsetzt?

Irgendwie haben wir es dann doch ganz gut hingekommen und mussten natürlich, da wir „Gringas“ waren, die einen traditionellen bolivianischen Tanz tanzten, gleich mal für Fotos herhalten.

 

Zum Thema „afrobolivianische Gringas“ :

Unser Tanz „ Saya Afroboliviana“ ist vor mehreren Jahrhunderten in den Reihen der afrikanischen Sklaven entstanden, weshalb es auch heute noch z.B. üblich ist, afrikanische Frisuren zu tragen 😀

Wehe, man verlässt die Formation 😀

Insgesamt äußert er sich also anders , aber Weihnachtstrubel bleibt eben Weihnachtstrubel, sodass wir uns schon sehr auf die Feiertage und vor allem auf die freien Wochen danach freuen, in denen wir viel reisen werden.

Wenn ihr also nach diesem Eintrag eine Weile lang nicht mehr so viel von mir hört, dann liegt das daran, dass ich gerade bescheuerte Bilder in der Salzwüste mache, mir einen leckeren Fisch am Titicacasee schmecken lasse oder auf dem Zwischenseminar an der Hitze in Santa Cruz sterben werde.

Vielleicht schaff ich es ja doch mal zwischendurch einen kleinen Lagebericht zu geben oder ein paar Bilder hochzuladen. 😀

SOMMERFERIEN!!!

Klingt das für euch auch so komisch wie für mich??

Gut, dann bin ich nicht die Einzige.

Während ihr zuhause vor Kälte zittert und euch mit einem heißen Glühwein aufwärmt, lauf ich selten mit mehr als ner Sweatshirtjacke herum, meistens eher ohne.

Wobei es, sobald es sich einmal eingeregnet hat ( Regenzeit hat begonnen), schon ganz schön kalt und ungemütlich werden kann. Vor allem in den letzten Tagen. Brrrr!!

Aber um auf die Sommerferien zurückzukommen:

Vor ein paar Tagen, genauer gesagt am 1. Dezember, fingen hier die zweimonatigen Sommerferien an.

Bevor ihr denkt, dass ich jetzt auch zwei Monate frei hab, muss ich euch leider enttäuschen. Für uns steht jetzt Inventur (Juchu fast fertig) sowie Weihnachtsprogramm für die Kinder an.

Danach haben wir aber tatsächlich ein paar Wochen frei, in denen wir herumreisen werden. 😀

So wie in Deutschland kurz vor den Ferien war auch hier die Schule in den letzten Wochen sehr entspannt, sodass es auch im Projekt entspannt zu ging dank fehlender Pflichthausaufgaben.

Für die letzten beiden Tage hatten wir etwas besonderes geplant:

Einen Musik-, sowie einen Tanzwettbewerb !!!

Bei dem Musikwettbewerb konnte jedes Kind, das wollte, sein Können auf einem Instrument seiner Wahl vortragen.

Dabei gab es auch einige, die sich an den traditionellen bolivianischen Instrumenten versucht haben.

Dabei war z.B. eine Quena :

sehr beeindruckend, dass man es schaffen kann, daraus Töne hervorzubringen, ich habs bis zur Luft geschafft 🙂

Siku (Panflöte) :

Da schaff ich immerhin einige vereinzelte Pfeiftöne, wenn auch nicht annähernd eine Melodie

Sondervorstellung von Matteo ( seht ihr diese prächtig ausgeschnittenen Buchstaben im Hintergrund? Müssen wahre Künstler gewesen sein 😀

Besonders waren an beiden Tagen jeweils die Sonderaufführungen von Mateo, ein circa 9- bis 10-jähriger Junge, der sich ohne zu zögern vorne hingestellt hat und für uns gesungen hat. MIT EINER WAHNSINNSSTIMME.

Leider kann ich in meinem Blog keine Videos hochladen, aber der wäre auf jeden Fall für eine Karierre als Sänger geeignet, sofern der Stimmbruch nichts zunichte macht.

Und sich so jung ohne Angst vorne hinzustellen und zu singen ist meines Erachtens eine beachtliche Leistung.

Am Freitag und damit letzten Tag in diesem Jahr fand der Tanzwettberwerb statt, für den die Kinder in den Tagen davor schon immer fleißig geübt haben, sodass am Ende mehrere Gruppen zustande kamen, die gegeneinander angetreten sind.

Hab ich eigentlich schon erwähnt, dass die Leiter auch tanzen sollten, um die Kinder zu motivieren teilzunehmen?

Als „geladene Gäste“ stellten wir die Zwischennummern da.

Falscher Schnurrbart und Sacko sitzen perfekt !!

Rahel und Clara entschieden sich mit Discofox ein bisschen europäische Tanzkultur vorzuführen, während ich mich erstmals an die bolivianischen Tänze wagte und mit Lorena und Ingrid „Tinku“ tanzte.

Wer nicht mehr weiß, was Tinku ist, den bitte ich zu dem Blogeintrag „Tanzen, Tänze , Tänzer!!“ zurückzublättern.

Da das schon immer mein Liebling unter den Bolivianischen Tänzen darstellte, stürzte ich mich mit Eifer hinein und zwang Lorena, es mir sehr gewissenhaft beizubringen, trotz geringer Übungszeit von knapp ner Woche.

Am Donnerstag, dem Tag des Musikwettbewerbs, brachte Lorena dann erstmals die traditionellen Tinkukleider mit und ich wurde ausstaffiert.

Meine Bekleidung bestand aus:

– Einem blauen Kleid, das ich deshalb bekommen hatte, weil es das größte der verschiedenen Kleider war,

– Einer Bauchbinde, auf der groß San Simón stand, der Name der Vereinigung, in der Lorena tanzt

-Einer Bandera, die unter die Bauchbinde geklemmt wurde und, zur Freude der Kinder, wahnsinnig viele Perlen angenäht hatte ( So wie n Schal, nur, dass er an den Beinen herabhängt)

Farbenprächtig, lang und bollerheiß

sind wir nicht schön ? 🙂

Kenner meines Kleiderschrankes können auf diesem Bild gleich drei meiner geliebten Karohemden entdecken, die zusammen mit meinen Röcken als Kostüme genutzt wurden 😀

Dazu kam noch ein Tuch, das zum Glück mit einem einfachen Klettverschluss um den Kopf gelegt wurde und als krönender Abschluss : DER HUT Huihuihui dieser Hut, wie soll ich damit bitteschön tanzen können?? Über 30 cm hoch, mit Federn Stoffstreifen und Pailletten besetzt, die herunterhängenden Fäden nicht zu vergessen.

Irgendwie hab ich es zum Glück doch hingekriegt, ohne dass der Hut runtergefallen ist und Spaß gemacht hat es auf jeden Fall wahnsinnig.

Ich hoffe, ich kriege nochmal irgendwann die Möglichkeit Tinku zu tanzen.

Die Möglichkeit einen anderen Bolivianischen Tanz zu probieren hatten wir erst vor ein paar Tagen .
Aber dazu wann anders mehr…

Zum Thema Eltern :D

Ein kleiner Auszug über das Großziehen von Kindern in Bolivien:

Eine Sache, die du in Deutschland dank vieler Vorurteile und Einschüchterungen fast nicht mehr zu sehen kriegt, ist, wie eine Frau ihr Kind in der Öffentlichkeit stillt.

Diese Pietätsprobleme hat man in Bolivien (noch) nicht.

Da viele Frauen, die zum Beispiel auf der Cancha einen Stand haben, ihre Babys mit auf die Arbeit nehmen, ist es hier ein völlig normaler Anblick.

Auch im normalen Leben, wie zum Beispiel bei einem Elternabend in der letzten Woche, ist es kein Problem.

In einigen Dingen sollten die Deutschen eindeutig was von den Bolivianern lernen.

Zu dem Elternabend.

Das Schuljahr endete hier mit dem 1. Dezember und es haben die Sommerferien begonnen ( komisches Gefühl, ich weiß).

Auf weiße Weihnachten kann ich dieses Jahr wohl vergeblich warten HAHA…

Davor gab es noch einmal den monatlich stattfindenden Elternabend.

Diesmal vor Schuljahresschluss war er natürlich noch einmal besonders wichtig.

Er ist außerdem sehr nützlich, wenn ich euch die bolivianische Zeit im Unterschied zur deutschen Zeit erklären will 😀

Bolivianische Zeit bedeutet, wir setzen den Anfang des Elternabends offiziell auf 18.30 mit dem Ziel um 19.00 anzufangen, fangen ungefähr gegen 19.15 an als so ungefähr fünf Mütter anwesend sind und beenden ihn gegen 20.30, während sich die Zahl mittlerweile auf 10-12 Mütter und Väter erhöht hat. Pünktlichkeit ist eben doch ein deutscher Begriff.

Auf dem Elternabend erklärten Aracely und Ingrid den Eltern, was sie dieses Jahr so mit den Kindern gemacht haben, händigten ihnen auch unsere schön sortierten Ordner mit den außerschulischen Arbeitsblättern von jedem Kind aus (Was haben wir Stunden damit verbracht, sie zu ordnen und einzuheften) und baten die Eltern noch einmal inständig, in den zwei Monaten Sommerferien mit den Kinder zwischendurch Übungen zu machen, damit diese nicht alles in diesem Jahr gelernte wieder vergessen werden und gaben ihnen auch einige Beispiele, wie sie das bewerkstelligen können.

Wir werden sehen, ob es was gebracht hat.

Was auch noch sehr interessant war, war ein kleiner Auszug über bewusste Ernährung, der mit einem Kreisdiagramm unterlegt wurde.

Durch viele Kohlenhydrate und viele gezuckerte Getränke und Speisen ist Übergewichtigkeit ein nicht gerade unerhebliches Problem in Bolivien.

Klar, dass sie auf dem Elternabend versuchten , den Eltern ein bisschen ins Gewissen zu reden.

Weshalb auch die Grafik, mit der sie es unterlegten, selbst aus unserer Sicht etwas übertrieben dargestellt wurde

Wobei wir uns da auch an die eigene Nase fassen müssen.

Zwar ist in unserem Projekt jeden Tag Gemüse oder Salat dabei, über die Menge lässt sich aber noch streiten. Ebenso über das Verhältnis von Kohlenhydraten und Gemüse.

Wobei wir aber auch nur über begrenzte Geldmittel verfügen und Reis nun mal um einiges billiger ist als Karotten in der selben Menge zu kaufen. Die Kinder wollen schließlich auch satt werden :D.

In allem eine sehr interessante Erfahrung für mich , mal so einem Elternabend beizuwohnen, auch wenn ich gesundheitlich etwas geschädigt war und deshalb die von uns am Morgen gebackenen Kekse verschmähen musste ( es waren übrigens 228 Kekse; hab ausnahmsweise mal mitgezählt beim backen. Yummy!!!)