Monatsarchiv: April 2018

Ostern in Bolivien, von Osternestern und Hühnchen

 

So hier kommt noch ein kleiner Beitrag zu Ostern in Bolivien, das dürfte einige von euch sicher interessieren, wie wir Ostern erleben durften :

Eigentlich war alles recht ähnlich wie in Deutschland und dann doch wieder ganz anders.

Am Gründonnerstag war um acht Uhr Abends die Messe.

Dabei war die Fußwaschung besonders.

Zuerst hat sich der Pfarrer 12 Leute aus der Gemeinde gesucht, den 12 Aposteln gleich, denen er die Füße gewaschen hat.

Danach wurden Schüsseln,Handtücher sowie Wasser bereitgestellt und die ganze Gemeinde war eingeladen.

Frauen haben ihren Männern die Füße gewaschen und umgekehrt,Kinder den Müttern, Freunden, Verwandten.

Da wir dazu den Begeleitgesang gemacht haben, haben wir uns selber nicht beteiligt. War in der Hinsicht ganz gut,da ich eine Strumpfhose anhatte, und mich ungern in der Kirche entkleiden wollte xD

Das ganze hat einige Zeit gedauert und war eine zwar für mich etwas ungewohnte, aber doch sehr schöne Geste.

Nach der Messe sind wir zusammen mit Wara in die Stadt gefahren, um „Kirchen zu besuchen“.

Das ist hier eine Tradition am Gründonnerstag und besagt, dass man mindestens 6 aber am besten 12 Kirchen aufsuchen muss. Hat vermutlich etwas mit den 12 Aposteln zu tun.

Die Innenstadt mit ihren Kirchen aus der Kolonialzeit war proppenvoll und schön geschmückt.

Da es überall, wo viele Menschen sind auch immer wie aus dem Nichts Bolivianer auftauchen die etwas verkaufen, gab es von Losbuden, Essensständen und Versteigerungen alles.

Das ganze hatte ein bisschen Volksfestcharakter,was uns dann doch etwas irritierend vorkam, da ja Gründonnerstag bei uns eher ein ruhiger und stiller Feiertag ist.

Aber alles in allem hatte es doch eine schöne Atmosphäre.

Am Karfreitag gab es einen Kreuzweg, den wir mit vorbereitet haben.

Die Stationen waren Altären, von den Hausbesitzern, bei denen die Station war, vorbereitet. Als Dank wurden sie und ihr Haus gesegnet. Auch einige andere Leute hatten Altäre vorbereitet, die gesegnet wurden.

Des beeindruckendste, was ich dabei gesehen habe, war ein großes Gemälde vom Letzten Abendmahl, das sich als Linsenrasterbild entpuppte, d.h. je nach Blickwinkel kam eine andere Szene zum Vorschein.

Sowas ist mir in D sicher noch nicht begegnet.

Bei der Kreuzverehrung kam dann die nächste Irritation für mich: die Menschen sind den Mittelgang auf Knien nach vorne gerobbt, um sich dann vor dem Kreuz nicht nur zu verneigen, sondern es auch zu küssen und anzufassen.

Osterversammlung der Amigos de San Jose Gruppe

Am Samstag war dann um 8 Uhr Abends die Osternacht, bei der wir auf dem Vorplatz ein Feuer angezündet haben, zu dem die Anwohner jeder ein bisschen Holz mitgebracht haben.

Das man das Feuer nicht einfach so  unbeaufsichtigt brennen lassen kann, wenn man in die Kirche geht, war ein sehr typisch deutscher Gedanke, der mir durch den Kopf geschossen ist. Bolivianer sind da entspannter.

Rahel hatte über die Ostertage ihre Familie zu Besuch da, sodass wir dann danach für uns noch ein bisschen Ostern feiern konnten. Mit Rittersport !!!!

Um ein bisschen deutsche Ostertradition nach Bolivien zu bringen haben wir Eier gefärbt und kleine Osternester verschenkt.

Eierfarben original aus Deutschland importiert 😀

Nachts habe ich mit einigen Jugendlichen aus der Gemeinde eine Ostervigilia gehalten, die aber eher einem Filmeabend ähnelte und sehr schön war.

Ich wollte ja eigentlich nur kurz vorbeischauen husthust.

Um Rahels Familie würdig zu empfangen waren wir die nächsten Tage mehrfach bei verschiedenen Personen zum Essen eingeladen, was meinen Magen sehr beglückte. Ob Hühnchen geräuchert oder Hühnchen im Ofen, darin sind die Bolivianer einfach unschlagbar.

Und es gab sogar SAURE GURKEN!!! Hier ein seltener Anblick.

7 Personen in einen kleinen Käfer? Warum nicht 😀

Auch interessant ist, dass sie hier in Cochabamba 3-4 Mal im Jahr einen Autofreien Sonntag haben, der dieses Jahr genau auf den Ostersonntag gefallen ist.

Es war wahnsinnig schön zu sehen, wie viele Leute urplötzlich auf den Straßen waren, und die Ruhe genossen haben oder wie die Kinder unbeschwert Fahrrad, Inlineskates oder sonstige Sachen fahren konnten.

Um ein bisschen Bewegung zu bekommen sind Bea, Wara und ich nach Quillacollo gelaufen, um uns dort mit einem Eisbecher belohnen zu können 😀

Normalerweise dicht befahren ;D

Projektbesuch des Besuches :D

12 Tage hört sich zwar erst einmal nach nicht so wenig an, aber für ein Land, das so viel zu bieten hat ist das wie ein Wimpernschlag.

Aber ich find, wir haben die beiden Wochen ziemlich gut genutzt, und Lobelobe an das Durchhaltevermögen der beiden 😀

Sie durften in den zwei Wochen Mein Projekt, Cochabamba, ein bolivianischer Geburtstag, eine Hochzeit,Tanzen gehen in Bolivien, La Paz, Copacabana und Chaparee erleben.

Zuerst einmal zu meinem Projekt , davon wollte ich eh schon länger mal ausführlicher berichten :

In meinem Projekt haben wir Kinder von vier bis sechzehn Jahre, die hauptsächlich aus den Vierteln in der Gegend kommen.

Der Monatsbeitrag ist 30 Bolivianos (3.50 €) für den die Kinder viermal die Woche Mittagessen und Hausaufgaben Betreuung sowie allgemeine Förderung bekommen. Um uns zu unterstützen soll zusätzlich einmal die Woche ein Elternteil zum Kochen oder Putzen kommen.

Wir beginnen um 9.30 mit der Arbeit und das heißt für gewöhnlich erst einmal schnippeln und kneten.

Zusammen mit Doña Giovanna unserer Köchin und ab und zu der Hilfe von einigen Müttern der Kinder bereiten wir das Essen für die mittlerweile wieder über 40 Kinder zu. Abwechselnd gibt es einen Tag Suppe und einen Tag „Segundo“ also ein Hauptgericht wie Linseneintopf mit Nudeln, Thunfisch Bouletten etc.

Für den Nachmittagssnack, bevor die Kinder gehen, backen wir oftmals Kuchen, Kekse oder Empanadas.

Posieren für die Kamera samt Fotobombe 😀

Danach haben wir mittlerweile auch ein paar Kinder, die vormittags kommen, da sie nachmittags Schule haben und helfen denen bei den Hausaufgaben, oder bereiten Material für den Nachmittag vor.

Gegen 12 / 12.30 trudeln dann nach und nach die Kiddies ein und wollen natürlich erst einmal bespaßt werden und fragen immer ganz ungeduldig, wann wir denn Essen.

Das gibt es aber nicht vor 13.30, da die Größeren erst später Schulschluss haben und es davor noch keinen Sinn ergeben würde.

„Los Grandes“

„Los Peques“

Übrigens gibt es keinen Nachmittagsunterricht wie bei uns, dafür hat man ab der Secundaria auch Samstags einige Stunden Schule

Vor dem Essen wird natürlich gebetet. Vater unser oder das Standartgebet unseres Projektes das auf Deutsch etwa lautet : „Danke Gott, für den schönen Tag den du uns gegeben hast, segne die Mütter,die uns dieses Essen gekocht haben und die Schwestern, die uns bei unseren Hausaufgaben helfen“. Wir werden von den Kindern „Hermanas“ (Schwestern) genannt, weshalb dieses Wort für mich wohl immer einen voreingenommen Klang haben wird, da ich die Kinder in meinen Ohren „HERMANAHERMANAHERMANA“ schallen höre. Sind sie nicht herzallerliebst…

Wo kommt denn diese Blancita her 😀

Mit Namen haben sie es irgendwie nicht so, weshalb ich auch nach einem halben Jahr immer noch bei den meisten „die Große“ oder „ die die uns im Kreis dreht“ bin. Wenn ich aber auch nur einen Tag fehle kommen die besorgten Fragen, wo ich denn sei :D.

Bene und Christoph sind mit mir zur Mittagszeit zum Projekt gekommen, kurz bevor die Kinder kamen, damit ich ihnen alles in Ruhe zeigen konnte.

Denn sobald die Kinder da waren, war es mit der Ruhe vorbei. Ohne die beiden zu kennen, kamen sie sofort zu ihnen hingerannt und wollten mit den Neuankömmlingen spielen.

Dass die beiden kein Wort von dem was sie erzählen, verstehen, war ihnen egal.

Beim Mittagessen musste ich Adam richtig überzeugen, das es keinen Sinn macht, wenn Bene sich an ihren Tisch setzt, da er ja nichts versteht.

Froh endlich jemanden zum Bolzen gefunden zu haben, das fehlt bei drei Mädls ein bissl

Außerdem hatte ich so ein bisschen Zeit Hintergründe und Geschichten der Kinder zu erläutern.

Unser Projekt ist zwar bei weitem nicht im ärmsten Viertel der Stadt, Geschichten können die Kinder dennoch genug mitbringen.

So haben wir z.B. momentan einen 10 Jährigen Jungen, der noch nie zu Schule gegangen ist, dieses Jahr angemeldet wurde, nur um dann wieder von der Schule verwiesen zu werden, da es nicht in ihre Richtlinien passt, das ein 10 Jähriger in die erste Klasse geht. Er darf jetzt doch wieder in die Schule allerdings gleich in die zweite Klasse.

Wir müssen jetzt also versuchen, das er möglichst schnell aufholt.

Auch durften die Kinder einer Familie ein paar Tage nicht zur Schule gehen, weil ihre Uniform nicht vollständig ist und der neue Direx da sehr auf Richtlinien beharrt.

In solchen Fällen versucht Aracely durch Gespräche Lösungen zu finden.

Viele der Kinder haben Lernschwächen, teils vermutlich dank der fehlenden Unterstützung durch die Eltern.

Deshalb ist ein wichtiger Teil unserer Arbeit einfach präsent zu sein und Aufmerksamkeit zu schenken.

Bei vielen der Kinder arbeiten beide Elternteile hart und die Geschwisteranzahl ist groß. Deshalb freuen sie sich, wenn sie mit uns jemanden haben, der ihren Geschichten zuhört ( Auch wenn ich nach einem halben Jahr immer noch nur die Hälfte versteh von dem was sie quasseln, das wäre aber vermutlich nicht besser, wenn sie Deutsch reden würden.

Deswegen freuen sie sich immer über neue Leute, wie meine Familie. Ich werde immer noch gefragt, wann die beiden mal wieder vorbeikommen. Oder wann meine Oma vorbeikommt.

Das mit der Entfernung bis nach Deutschland ist schwer zu verstehen….

Da die beiden bei den Hausaufgaben eher weniger helfen konnten, haben wir während dieser Zeit einen Abstecher zu Jose Luis gemacht, der Pfarrer der Gemeinde und der offizielle Leiter des Projekts.

Er lebt mit drei anderen Brüdern nicht weit vom Projekt.

Dort gehen wir auch oft am Dienstag zu einer kleinen Abendmesse hin, die uns sehr gut gefällt, da sie sehr gemeinschaftlich und familiär ist, und du deine eigenen Meinungen und Bitten vorbringen kannst.

Die Brüder sind auch der einzige Ort, wo wir hier Joghurt kaufen, da das bolivianische Joghurt immer sehr süß und künstlich schmeckt, während die Brüder einmal in der Woche selber Joghurt machen und es verkaufen. Wir haben selber schon einmal bei der Produktion geholfen.

Die letzte halbe Stunde haben die beiden dann doch noch ein bisschen bei den Hausaufgaben geholfen. Bei Mathe reicht zum Glück ein Wortschatz aus „Richtig“ und „Falsch“ um Tipps zu geben.

Ich fand es wahnsinnig schön, dass die beiden die Möglichkeit hatten, mein Projekt zu besuchen und zu sehen, dass sie sich auch vollkommen darauf eingelassen haben und vermutlich gerne noch länger geblieben wären.